Person mit einer weißen Maske vor dem Gesicht, ihre Augen wirken müde und nachdenklich. Symbolische Darstellung für das Verstecken von ADHS-Symptomen.

ADHS Masking: Warum mein ADHS für andere unsichtbar bleibt

Wenn du mich triffst, würdest du wahrscheinlich nicht sofort denken, dass ich ADHS habe. Ich wirke organisiert, pünktlich und höflich – vielleicht sogar ein bisschen perfektionistisch. Doch was du nicht siehst, ist der Kraftakt dahinter. Das liegt am ADHS-Masking, denn im Alltag maskiere ich mein ADHS – oft und viel.

Was ist ADHS Masking?

ADHS Masking (auch „Maskieren“ genannt) bedeutet, dass Menschen mit ADHS ihre Symptome bewusst oder unbewusst verstecken. Sie versuchen, sich an neurotypische Verhaltensweisen anzupassen, um nicht aufzufallen. Dadurch bleibt ihr ADHS für Außenstehende unsichtbar.

Das klingt erstmal praktisch, oder? Schließlich macht es das Leben in einer Gesellschaft, die Struktur und Anpassung liebt, etwas einfacher. Doch Masking hat auch seine Schattenseiten. Es ist anstrengend – richtig anstrengend. Und auf lange Sicht kann es dazu führen, dass man sich selbst verliert.

Warum verstecke ich mein ADHS?

Viele Erwachsene mit ADHS haben früh gelernt, dass bestimmte Verhaltensweisen unerwünscht sind. Unpünktlichkeit, Unordnung, Impulsivität – all das kann negativ wahrgenommen werden. Also versuchen wir, es zu verbergen.

Ich möchte dir einige meiner Strategien zeigen, die mein ADHS für andere unsichtbar machen:

1. Ich bin immer pünktlich – aber zu welchem Preis?

Klingt erstmal nach einer guten Eigenschaft, oder? Aber die Wahrheit ist: Ich bin pünktlich, weil ich viel zu früh losgehe – aus Angst, zu spät zu kommen. Wenn ich einen Termin um 14 Uhr habe, plane ich ihn in meinem Kopf lieber auf 13:30 Uhr. Man weiß ja nie, ob etwas dazwischenkommt. Lieber eine halbe Stunde zu früh da sein und warten, als mich der Panik stellen, zu spät zu kommen.

2. Mein Zuhause ist ordentlich – aber nur für den Besuch

Wenn sich Besuch ankündigt, wird meine Wohnung blitzblank. Jedes Kissen liegt perfekt, keine herumliegenden Sachen, keine Spur von Chaos. Warum? Weil ich nicht möchte, dass jemand denkt, ich wäre unorganisiert oder unordentlich. Die Wahrheit: Mein natürlicher Zustand ist kreatives Chaos. Aber das sieht ja niemand.

3. Meine Hyperaktivität ist unsichtbar mit ADHS-Masking

Viele Menschen denken bei ADHS an Kinder, die herumzappeln. Doch bei Erwachsenen – vor allem bei Frauen – zeigt sich die Hyperaktivität oft anders. Ich fidgete – aber diskret. Meine Hände sind in der Hosentasche, mein Fuß wippt unter dem Tisch, meine Gedanken rasen. Mein Kopf springt ständig von einem Thema zum nächsten, doch nach außen hin wirke ich ruhig.

Junge Frau sitzt ruhig am Tisch, aber über ihrem Kopf kreisen chaotische Gedankenwolken. Symbol für unsichtbare Hyperaktivität bei ADHS.

4. Ich falle niemandem ins Wort – weil ich meine Impulse unterdrücke

Ich habe so oft das Bedürfnis, mitten im Gespräch etwas einzuwerfen, weil mir sofort etwas einfällt. Aber ich halte mich zurück. Ich will nicht unhöflich wirken, nicht auffallen, nicht die „Nervige“ sein, die immer dazwischenredet. Also schweige ich – und vergesse am Ende oft, was ich eigentlich sagen wollte.

5. Ich habe ein Abitur – aber Schule war die Hölle

Ja, ich habe mein Abi geschafft. Aber es war ein Kampf. Mit einem 2,8er-Schnitt, ohne jemals wirklich zu wissen, wie ich effektiv lernen soll. Hausaufgaben? Selten gemacht. Tests? Ein ständiger Stress. Nur in den Fächern, die mich wirklich interessiert haben, konnte ich aufblühen. In allem anderen musste ich mich durchquälen.

6. Ich helfe mit – aber oft nur aus Angst vor Urteilen

Wenn ich bei anderen zu Besuch bin oder jemand mich beobachtet, helfe ich automatisch beim Aufräumen. Nicht, weil ich es gerne tue, sondern weil ich nicht als unordentlich oder faul wahrgenommen werden will. Ich passe mich an, spiele die Rolle der strukturierten Person – auch wenn mein eigenes Zuhause gerade aussieht, als wäre ein Tornado durchgezogen.

Erschöpfte Person sitzt in einer perfekt aufgeräumten Umgebung, Symbol für die Belastung durch ADHS-Masking.

Die Folgen von ADHS Masking

All diese Strategien helfen mir, in der Gesellschaft nicht aufzufallen. Sie verhindern, dass mein ADHS sichtbar wird. Aber sie sind anstrengend. Masking bedeutet, permanent gegen die eigene Natur zu arbeiten. Und das kann auf Dauer müde machen – richtig müde. ADHS ist nicht nur das, was man von außen sieht. Es steckt in den Kleinigkeiten, den täglichen Kämpfen, den Gedanken, die niemand mitbekommt. Und vielleicht ist es an der Zeit, ein bisschen weniger zu maskieren und mehr wir selbst zu sein.

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